056 „Die große Consulting-Show“ von Mariana Mazzucato & Rosie H. Collington

Nachdem die drei letzten Episoden vielleicht doch ein wenig „verkopft“ waren, kehren wir diesmal zurück in die harte ökonomische Realität und werfen einen Blick auf eine kleine Gruppe Akteure, die ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient hätte: Internationale Strategieberatungs“konzerne“:

Mariana Mazzucato und Rosie H. Collington zeigen in „Die große Consulting-Show“ auf, wie große Strategieberatungsunterhemen an zentraler Stelle an unserem heutigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem mitgewirkt haben. Sie profitieren systematisch davon, dass der Staat die Fähigkeit verliert, die Daseinsvorsorge für die Menschen selbst zu erbringen und treiben diesen Umstand auch bewusst voran. Sie profitieren von jeder Krise und jedem Umbruch, ohne dabei irgendeine Art von Risiko übernehmen zu müssen. Das bleibt bei der Gesellschaft.

Shownotes

Quellen und so

Intro und Outro der Episode stammen aus dem Stück Maxixe von Agustin Barrios Mangore, eingespielt von Edson Lopes (CC-BY).

Das Umblättern zwischen den Teilen des Podcasts kommt hingegen von hoerspielbox.de.

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Transkript (automatisch erstellt):

[0:00] Music.

[0:19] Hallo, herzlich willkommen zu der neuen Folge von Zwischen zwei Deckeln.
Inzwischen haben wir es schon zu Folge 56 geschafft.
Heute stellt Nils uns ein Buch vor. Hallo zusammen.
Genau, und ich bin Holger.

[0:36] Genau, und werde mir vorstellen lassen und ein bisschen bin sehr gespannt, was mir da so vorgestellt wird.
Ansonsten hat sich bei mir seit der letzten Episode, in der ich zu hören war, eigentlich wenig geändert.
Es war auch die letzte Episode im Feed. Also, genau, immer noch dabei an meinem Read-of-Time-Projekt, hab zwischendurch dann doch noch zwei, drei Bücher gehört und auch ein, zwei, die mal so auf der Liste waren, zum Beispiel habe ich jetzt mal The Emperor’s New Mind von von Roger Penrose gehört. Genau. Und so ein bisschen wieder eine lange Liste an Büchern, die sich ansammelt, wo man dann irgendwie gucken muss, wann man denn dazu kommt. Ja, die Liste wächst immer schneller als die Liste der gelesenen Bücher. Ja, ja, das ist ein Problem. Ja, ich kenne das Problem. Das ist tatsächlich auch was, was mich in den letzten Wochen beschäftigt hat. Ich war in den letzten Wochen Urlaub, hatte dadurch auch ein bisschen mehr Zeit tatsächlich auch unter anderem das Buch zu lesen, was ich euch heute vorstelle. Und sonst.

[1:52] Habe ich mal versucht, so meine ganzen Interessen, Themengebiete, was ich so lese und schreibe und denke und ins Internet spreche, so ein bisschen zu strukturieren. Und bin da auf diese Idee gestoßen von Richard Feynman, so der 12 favorite problems nennt er das. Also irgendwie eine bestimmte Anzahl, das müssen glaube ich nicht definitiv 12 sein, aber von Fragen, die einen irgendwie beschäftigen, auf die man eine Antwort sucht und dann im Grunde so all das, was ich lese oder lesen will oder gelesen habe, so ein bisschen diesen Fragen zuzuordnen, um dann auch mal so ein bisschen Struktur da reinzukriegen und zu sehen, welche Themen mache ich denn gerade besonders für mich?
Und kann man da vielleicht auch mal irgendwann noch was anderes draus machen, als einfach nur darüber nachzulesen.
Das finde ich einen ganz spannenden Angang und vielleicht gibt es da irgendwann dann demnächst auch mal irgendwie ein Must-Odern-Thread oder ein Blogpost oder sowas von mir zu.
Was denn so die 10, 12, 15 oder wieviel auch immer Fragen und Themen sind, die mich gerade besonders beschäftigen.

[2:46] Ja, ich glaube, man muss das limitieren. Wenn das zu viele Fragen werden, dann hilft es auch nicht mehr beim Strukturieren.
Das stimmt, ja, das ist ein guter Punkt. Aber es gibt so viele interessante Fragen.
Tja, sonst muss man halt so Oberfragen finden, wo sich dann viele Fragen drunterpacken lassen.
Was ist der Sinn des Ganzen? Antwort entweder 42 oder 42 Bücher. Also Selbstgeschriebene.
Ja, dann viel Spaß beim Schreiben. Ja, wollen würde ich ja. Allein mir fehlt die Zeit, die Konzentration, die Energie, die Übung, all das.
Da bräuchte man doch ein Grundeinkommen, dann hat man zumindest schon mal die Zeit.
Das stimmt, ja. Wobei, so gut leer von Leben kann man dann auch wieder davon nicht. Mit drei Leuten und so wird es dann auch immer wieder knapp.
Ähm, naja, wie auch immer.

[3:42] Ja, genau, du wirst uns heute ein neues Buch vorstellen, ne, das ist fast schon druckfrisch, glaube ich.
Zumindest in der deutschen Version, ja.
Ja, aber die Originalversion ist ja auch erst im Februar erschienen.
Ne. Genau, und ich habe mir vorher schon mal überlegt, also das Buch ist von Mariana Mazzucato, die große Consulting-Show, und ich habe mal überlegt, was ich denke, welche, also ohne das Buch gelesen zu haben, welche alten Podcast-Folgen dazu passen könnten.
Und da habe ich einmal direkt die Folge 5, Skandalexperten, weil für mich ist Consulting ja auch.

[4:26] Ja, da kann man immer drüber streiten, wie viel Expertentum da ist, aber von der Idee her hat es ja auch was damit zu tun, eine Expertise anzubieten und Auswirkungen, wie diese Expertise dann angewendet wird.
Dann habe ich die Folge 14, die Economist’s Hour, weil ich denke, das ist ja die Frage, wieso die Ökonomen die Politik beeinflussen und in dem Fall auch, wie sie irgendwie versagt haben.
Und ich könnte mir vorstellen, dass das hier auch ein bisschen in die Richtung geht, dann habe ich auch festgestellt, dass Consultants ja immer ganz gut oder Berater, wie man auch sagt, zum Erzählen neigen und da bietet sich natürlich die Folge 25 Narrative Wirtschaft an, dann hatte ich noch Folge 32 Schulden, was ja irgendwie schon so sehr grundlegend ein bisschen darüber ist, wie unsere Wirtschaft wirklich funktioniert.
Dann hatten wir auch schon mal eine Folge von der Autorin, oder zumindest einer der beiden Co-Autorinnen des Buches, The Entrepreneurial State in Folge 44.

[5:36] Dann hatten wir in Folge 45 Bullshit Jobs, was vielleicht auch zu Consultants ganz gut passt.
Und die letzte Folge, wo ich dir, glaube ich, auch zugehört habe, die Innovation Delusion, Folge 52, könnte ich mir vorstellen, dass das auch in dieselbe Schublade so einpasst.
Tatsächlich ist das auch so ein bisschen die Liste von Leseempfehlungen, die ich am Ende der Folge auch noch präsentieren möchte.
Ich finde schön, dass du an die Skandal-Experten auch gedacht hast, das war mir gar nicht aufgefallen.
Aber das ist bestimmt ein guter Bezug, gute Ergänzung dazu.

[6:17] Ja. So, aber dann nochmal ganz formal. Der Name des Buches ist Die große Consulting Show.
Ist geschrieben von zwei Co-Autorinnen, nämlich zum einen Mariana Mazzucato, die ist Professorin für die Economics of Innovation and Public Value am University College in London.
Und Rosie Collington ist eine Doktorandin an eben jenem Institut und die beiden haben dieses Buch zusammen verfasst.
Das Ganze, wie eben schon erwähnt, ist dieses Jahr erschienen, in der englischen Ausgabe im Februar und in der deutschen Ausgabe jetzt ganz frisch im April.
Genau. Ja, möchtest du dann schon mal, möchtest du dann in die Vorstellung reinspringen bzw. uns erst mal das TLDL geben?
Ja, herzlich gerne doch.

Tl;dl

[7:20] Die Autorinnen zeigen in ihrem Buch auf, wie große Strategieberatungsunternehmen an zentraler Stelle an unserem heutigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem mitgewirkt haben.
Sie profitieren systematisch davon, dass der Staat die Fähigkeit verliert, die Daseinsvorsorge für die Menschen selbst zu erbringen und treiben diesen Umstand auch bewusst voran.

[7:38] Sie profitieren von jeder Krise und jedem Umbruch, ohne dabei irgendeine Art von Risiko übernehmen zu müssen. Das bleibt bei der Gesellschaft.
Ja, da bin ich mal gespannt, wie sich das jetzt im Detail so darstellt.

Buchvorstellung

[7:56] Ja, ich muss eine Sache vorweg schicken. Diese Folge ist ein bisschen, ich will nicht sagen gefährlich für mich, aber sie entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da ich selber für ein Beratungsunternehmen arbeite.
Allerdings nicht für eines der hier gemeinten, sozusagen. Also das schicke ich gleich nochmal vorweg. Wenn ich hier von Beratung rede oder von Strategieberatung geht es im Grunde immer um die international tätigen großen Strategieberatungsunternehmen, die man auch aus den Medien kennt, also wie die McKinseys, PwCs, Bain, Boston Consulting Group, Accenture und so weiter und so fort.
Also diese ganz großen Strategieberatungsunternehmen, nicht um kleine spezifische Fachberatungsunternehmen, Branchenberatungsunternehmen oder so. Das muss ich ganz dringend vorweg schicken, sonst kriege ich Ärger mit meinem Arbeitgeber, der nämlich in die letztere Kategorie fällt.
Ja, aber das ist ja wahrscheinlich ein bisschen wie auch bei Wirtschaftsprüfern, wo es dann so ein paar große gibt, wo man durchaus auch.

[8:55] Naja, Zweifel daran haben kann, wie okay das alles ist, was die machen und viele kleine, wo sicher die meisten einfach eine solide Arbeit leisten.
Genau, also beziehungsweise es ist nicht nur wie bei den Wirtschaftsprüfungsunternehmen, gerade die großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen spielen auch hier eine ganz zentrale Rolle.
Also das sind im Grunde die Big, was ist das, ich glaube, Four bei den Wirtschaftsprüfungsunternehmen und Big Three bei den Beratungsunternehmen.
Und es kommen dann noch so ein paar dahinter, aber das sind im Grunde auch die Unternehmen, über die hier geredet wird.

[9:26] Genau, also das war so ein bisschen der Punkt, aber da die Unterscheidung und warum das eigentlich relevant und wichtig ist, das werden wir gleich auch sehen.
Ich orientiere mich so ein bisschen an der Struktur des Buches, nicht komplett, aber ich glaube, sie führen da einen schon ganz gut so ein bisschen durch die zentralen Aspekte durch.

[9:44] Und will erst mal mit der Frage anfangen, was macht eigentlich Beratung? Was ist die eigentliche Idee von Beratung und was ist das andere oder im Grunde auch so ein bisschen die Perversion dieser Grundidee, die man bei diesen großen Strategieberatungsunternehmen zu sehen kriegt.

[9:59] Fangen wir mit der Grundidee an. Die Grundidee ist halt, dass Beratungsunternehmen irgendeine Art von Wissen, von Kompetenz, von Erfahrung haben, die andere Wirtschaftsunternehmen jetzt nicht haben, zum Beispiel produzierende Unternehmer, Dienstleistungsunternehmen.
Und dass sie dieses Wissen, diese Erfahrung, diese Kompetenz eben dann zeitlich beschränkt zur Verfügung stellen, zum Beispiel damit die Unternehmen was umsetzen können.
Anpassung an neue gesetzliche Rahmenbedingungen, irgendwie einen Einstieg in einen neuen Markt, eine Internationalisierung, Umbau der Produktion, all solche Dinge, die irgendwie so ein bisschen beschränkt sind, projektorientiert sind, das heißt auch ein definiertes Ende haben und wo die Organisation, das Unternehmen, der Kunde dann im Nachgang sozusagen alleine weitermacht. Die Beratung, die dabei hilft und dann macht der Kunde alleine weiter danach. In dieser Überlegung, in diesem Gedanken von Beratung geht es eben darum, dass Beratung dieses Wissen, verkauft oder ist ja das Produkt im Grunde, was Beratung bietet, eben dieses Wissen und diese Erfahrung und die Fähigkeit dabei zu begleiten.
Wenn wir uns jetzt diese klassische Strategieberatung angucken, funktioniert die ein bisschen anders. Da ist es nämlich tatsächlich so, dass bei den BeraterInnen, die die Projekte maßgeblich bearbeiten und primär in den Projekten unterwegs sind, kaum Fach- oder Branchenwissen vorhanden ist.

[11:18] Sondern gewisses Methodenwissen, gewisses Präsentations- und Kommunikationswissen, aber eben kein Fach- und Branchenwissen. Das ist in den Beratungsunternehmen zwar vorhanden, aber in erster Linie in den oberen hierarchischen Ebenen, so bei Managern und Partnern, und die dann zwar auch an Projekten beteiligt sind, aber eben auch ganz stark in der Akquise unterwegs sind.
Das heißt, dass dieses Wissen dann eben auch viel, vielleicht sogar stärker in die Akquise fließt als tatsächlich in die Projektbearbeitung, Was einem ja schon auch mal einen Hinweis darauf geben könnte, wo da die Prioritäten liegen.
Vermarkten tun sich diese Strategieberatungen, eben weil sie dieses Fach- und Branchenwissen jetzt auf den unteren Ebenen nicht unbedingt haben, über das Methodenwissen.
Wir können Managementmethoden, wir können Strategieentwicklungen, wir können all diese Dinge.
Was aber eigentlich das ist, was ihnen ihre Marktposition verschafft, ist auch gar nicht mal primär das Methodenwissen, Sondern es ist der Vertrauensvorschuss, der ihnen entgegengebracht wird und das ist die Zuschreibung von Kompetenz.
Das heißt, das ist der Grund, dass das Kunden, potenzielle Kunden, den Beratungsunternehmen, Kompetenz zuschreiben. Es ist nicht, dass sie diese Kompetenz tatsächlich haben.
Ganz wichtige Unterscheidung an der Stelle.

[12:34] Es ist nämlich auch tatsächlich nicht so, so dass die meisten Projekte nicht irgendwie individuell auf den Kunden zugeschnitten werden oder genau auf das angepasst werden, was der Kunde braucht, Sondern oft dann doch in erster Linie standardisierte Ansätze sind, die in, ja in Teilen irgendwie angepasst werden, so ein bisschen zugeschnitten werden, dass sie nicht völlig daneben liegen, aber eben jetzt auch nicht Maßanzüge sozusagen, die irgendwie auf den Kunden geschneidert werden.

[12:59] Das ist der erste Punkt und der zweite Punkt ist, dass Strategieberatungsunternehmen auch mehr machen als Beratung.
Das ist ein Punkt, der wird gleich noch ganz, ganz wichtig, also der andere kommt gleich auch noch immer wieder hoch.
Aber Strategieberatungsunternehmen machen eben mehr als Beratung, sie unterstützen auch beim Tun und in der konkreten Umsetzung.
Und je nach Zuschnitt des Projektes und Aufbau haben sie auch teilweise eigenständige Entscheidungsbefugnisse oder sind in Entscheidungsgremien beim Kunden beteiligt oder für den Kunden beteiligt.
Das heißt, diese Berater, Beraterinnen, die von extern eingekauft werden, treffen im Grunde Entscheidungen im Namen des Kunden oder binden eine Entscheidung für den Kunden.
Da kann man jetzt bei Privatunternehmen noch sagen, ja okay, ist ja eigenes Risiko, wenn sie da Berater reinsetzen.
Besonders kritisch wird das aber eben, gerade wenn es um die öffentliche Daseinsvorsorge geht, also um die öffentliche Hand oder was bei uns auch öffentlicher Dienst gerne genannt wird.
Genannt wird. Das heißt, wenn es im Grunde um Regierungs- oder Verwaltungshandeln geht, wo man ja im Grunde eine demokratische Legitimation erst mal voraussetzen würde.

[14:02] Und das ist tatsächlich auch der Punkt und das Thema, wo die Autorinnen jetzt hier in dem Buch, besonders stark darauf eingehen, was ihnen besonders wichtig ist. Also dieser Aspekt zu sagen, es wird da ganz viel Handeln und Selbstentscheidungsgewalt, die eigentlich bei demokratisch legitimierten entweder Politikern oder eben administrativ legitimierten Beamten oder Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes liegen müsste, tatsächlich ausgelagert auf privatwirtschaftlich orientierte BeraterInnen. Das ist so ein bisschen auch einer der zentralen Kritikpunkte.

[14:41] Ja gut, das ist, ja, wie du schon gesagt hast, das Schlimme ist dann ja auch, dass es gar nicht mal so unbedingt dann auch mit der Qualität passiert, die man sich da erhofft, ne?
Genau, da kommen wir gleich noch ganz ausführlich zu.

[14:57] Das ist jetzt erstmal so ein bisschen die Grundidee, der Grundansatz.
Was sie dann machen, was ich sehr sehr spannend finde, ist im Grunde tatsächlich einmal einen Ritt durch die Geschichte der Beratung.
Was gleichzeitig ganz eng verbunden ist eben auch mit der Geschichte so ein bisschen des Wirtschaftssystems und gerade des Bildes des Staates oder Rolle des Staates im wirtschaftlichen Handeln.
Das ist ja auch ein Thema, was zumindest Mariana Mazzucato auch in ihrem letzten Buch oder in dem Buch, was wir hier als letztes vorgestellt haben, The Interoptional State ganz stark in den Mittelpunkt rückt.
Da sind einige spannende Entwicklungen drin, die wahrscheinlich den meisten von uns, von euch, auch nicht unbedingt neu sind.
Aber wo vielleicht diese enge Verbindung zu den Unternehmensberatungsunternehmen oder Strategieberatungsunternehmen nochmal auch ein neuer Aspekt ist.
Die beiden Autorinnen identifizieren im Grunde so zwei Ursprünge von den Beratungsunternehmen, die wir heute kennen.
Also teilweise auch wirklich Gründung dieser konkreten Unternehmen zu dieser Zeit und aus diesen Gründen.
Das ist einmal in den 1930ern gab es in den USA den Versuch, die Marktmacht von Technologieunternehmen zu brechen und da irgendwie unlautere Praktiken zu verhindern und deswegen wurde denen verboten, die die Technologie herstellen, auch zu der Technologie zu beraten.

[16:22] Das heißt, das wurde im Grunde aufgesplittet, der Vertrieb und die Beratung von Technologie und damit entstand dann ja im Grunde erstmal so ein Marktpotenzial, so eine Marktlücke, so ein Marktloch für Beratungsunternehmen, die halt sagen, okay, wir verkaufen nicht, wir stellen nicht her, wir beraten.
Das war dann aber eher so Unternehmens-Ebene, also sowas wie ein Unternehmen kauft eine Maschine und dann ist die Beratung dazu, wie man die am besten einsetzt, es darf dann nicht dasselbe Unternehmen sein.
Oder auch bei der Entscheidung für einen Kauf.
Ja, aber wir reden jetzt Käufe auf Unternehmensebene, nicht so was wie die Fachberatung, die man, wenn man heute noch in richtige Läden gehen sollte, bekommt als individueller Kunde.
Genau, es geht um B2B-Bereich, also Business-to-Business-Bereich, nicht Business-to-Consumer.
Und aber auch dann schon verbunden natürlich mit der öffentlichen Hand. Die ist natürlich in dem Fall dann ähnlich wie Unternehmen zu betrachten erstmal von der Ebene.
Der zweite Punkt, das ist jetzt das, was die meisten wahrscheinlich schon mal gehört haben, das ist auch einfach diese Idee vom, Scientific Management, auch gerne Taylorismus genannt.

[17:31] Das ist im Grunde die Geburtsstunde dieser Idee von Produktion, dass man irgendwie einen idealen, Produktionsprozess planen kann und dann müssen die Mitarbeitenden am Band oder irgendwie in der Werkstatt oder in der Produktionshalle nur noch immer denselben, Handgriff ausführen wie so kleine Roboter.
Und dann wird das Ding produziert. Also dieser Gedanke des Scientific Managements ist dann verbunden damit, dass es so was gibt wie die eine beste Form des Managements, die irgendwo in den Büros festgelegt wird und dann die Mitarbeitenden im Shopfloor, wie es auf Englisch so schon heißt, oder in der Fabrik, die dürfen dann nur noch ausführen. Kommt im Grunde diese Trennung zwischen White-Collar und Blue-Collar-Jobs her, also die Blue-Collar, die mit ihren blauen Latzhosen, die halt irgendwie da am Band stehen und produzieren und die mit ihren weißen Hemden, die irgendwie in den Büros sitzen und entscheiden.

[18:25] Dazu kommt dann in dem gleichen Zug auch eine immer stärkere Dominanz von Zahlen, also dass irgendwie Zahlen, Umsätze, Gewinne und so weiter immer wichtiger werden und das dann auch in dieser Zeit, also in den 30ern, schon genutzt wird, um Jobkürzungen zu rechtfertigen.
Das ist auch ein Thema, was wir immer dabei haben, dass die Unternehmensberatung, also diese Art von Strategieberatung, nicht immer unbedingt ein Freund der ArbeitnehmerInnen ist, Oder eher im Gegenteil.

[18:56] Ja, das ist ja nach dem, was man so hört, auch teilweise für die Arbeitnehmer da selber auch …
Auch ähnlich, ne? Mit langen Stunden und hoher Arbeitsbelastung.
Genau. Wo man dann natürlich sagen kann, wer’s in der Unternehmensberatung schafft, der findet wahrscheinlich auch irgendwo anders einen Job.
Aber das ist natürlich was anderes für Arbeiter in einer Fabrik, das eventuell deutlich schwerer fällt, je nach ökonomischer Lage.
Es entsteht dann auch sehr bald eine große Nähe der Unternehmensberatungsunternehmen zur Politik und zur öffentlichen Hand, sodass man im Zweiten Weltkrieg schon beobachten kann, dass Beratungsunternehmen Entscheidungspositionen im US-amerikanischen Militär einnehmen.
Also da sieht man das zum ersten Mal wohl so sehr eklatant, dass da wirklich auch militärische Entscheidungen eben von Beratungsunternehmen oder Mitarbeitern von Beratungsunternehmen getroffen werden und nicht von eigentlich dafür bestellten bestimmten Personen in der militärischen Hierarchie oder der politischen Ordnung.

[20:01] Der zweite Weltkrieg bringt dann noch was zweites mit sich, was dazu führt, dass diese Art von Management und auch das Potenzial der Beratungsunternehmen sich weltweit weiter verbreitet.
Das ist nämlich der gute alte Marshallplan, wo man ja jetzt nicht sagen kann, dass wir in Europa damit ein Problem gehabt hätten.
Ich meine, das war schon ganz gut, dass es den gab.
Aber der übertrug eben auch amerikanisches Management-Denken und amerikanische Wirtschaftsperspektiven nach Europa.
Und auf einmal gab es da einen kompletten Kontinent, der vorgeblich keine Ahnung von diesen Management-Methoden hatte und natürlich damit ein tolles Marktfeld für Beratungsunternehmen, für vorgebliche ExpertInnen, die natürlich dann hier auch wunderbar ihre Beratungsleistung verkaufen können.

[20:50] Ich muss sagen, das ist, das geht deutlich weiter zurück, als ich das gedacht hätte. Also ich hatte irgendwie so Beratung, weiß nicht, hätte ich so 70er, 80er Jahre vielleicht gedacht, aber dass das im Grunde schon vor dem zweiten Weltkrieg seinen Ursprung hat und dann auch schon danach übergeschwappt ist nach Europa, das überrascht mich jetzt doch.
Jetzt doch. Also du hast insofern recht, dass das die Situation, in die wir jetzt haben, in der Intensität und in der Größe, das ist tatsächlich dann ein Ergebnis der späten 70er, vor allem 80er und 90er Jahre. Also das ist jetzt nicht ganz, dein Eindruck trügt dich nicht so ganz, aber Ursprünge und erste Tendenzen sieht man damit schon, sieht man da wirklich schon wohl um den 1930er, 40er Jahre, 50er Jahre. Und vor allem dieses Muster, das taucht nachher noch ganz ganz oft auf, dass Beratungsunternehmen ganz stark von großen globalen Umbrüchen und Krisen profitieren, ohne dass sie dabei wirklich irgendwie offensichtlich Leistung erbringen würden oder offensichtlich Risiko eingehen würden und trotzdem irgendwie sehr sehr viel Geld damit verdienen.
Ja, wobei ich jetzt natürlich sagen würde, also ich verstehe schon, dass das so eine Zeit ist, wo man dann Expertise braucht, wenn es große Umbrüche gibt, braucht man halt Experten, die einem dabei helfen und vielleicht auch die so ein bisschen breiteren Blick haben oder auch mal, wie man so schön sagt, out of the box denken können.

[22:18] Wenn das natürlich dann nicht geliefert wird, sondern dann nur Geld kassiert wird, dann ja, dann läuft da dann wohl was schief.
Beziehungsweise es wird halt was sehr Spezielles geliefert. Es wird halt eine sehr spezielle amerikanische Sicht auf Wirtschaft, auf Management und dann damit verbunden, da kommen wir dann gleich zu, auch Blicke auf den Staat geliefert und kommuniziert und das ist vielleicht sogar noch schlimmer, als wenn es einfach nur schlecht gewesen wäre, sondern es war halt vor einem bestimmten Hintergrund gut und damit sehr gut zu rechtfertigen und verfestigt damit halt auch gleich eine ideologische Perspektive.

[22:50] Das ist jetzt genau der Punkt, zu dem wir da nämlich kommen.
Da macht das Buch auch einen Zeitsprung im Grunde so in die 1980er, 90er.
Also genau so die Zeit, in der ich groß geworden bin und ich glaube, du auch so ungefähr.
Wir tun uns, glaube ich, nicht so viel vom Alter her. Unter dem Schlagwort New Public Management, das hat der eine oder die andere vielleicht auch schon mal gehört.
Und da geht es vor allen Dingen ganz stark darum, dass ein neuer Blick auf den Staat entsteht oder erst mal ein neuer Blick generell auf Gesellschaft entsteht, wo diese Idee der Wertschöpfung ganz relevant wird und dass da sich so ein bisschen das Narrativ verfestigt, dass der Staat nicht wertschöpfend sei.
Also dass das, was der Staat macht, nur Kosten verursacht und keinen Nutzen produziert.
Weil der Staat eben keine wirtschaftlichen Gewinne erwirtschaftet. Im Gegenteil, er macht sogar noch Schulden.
Um Gottes Willen.

[23:46] Und dieses, das, ja, Entschuldigung. Nee, erzähl mal, geh ruhig rein.
Ich hatte grad nur den Gedanken, dass das jetzt ja recht gut dann auch zu dem passt, was die Mariana Mazzucato auch in The Entrepreneurial State und ich glaub auch noch in ein, zwei anderen Büchern so darstellt.
Ja.
Wo sie ja doch im Prinzip gegen genau diese Sicht der Dinge, hab ich das Gefühl, so ein bisschen anschreibt, um zu sagen, das stimmt überhaupt nicht, sondern der Staat schöpft auf eine andere Art und Weise Wert.
Und weise Wert und vielleicht eine etwas andere Art von Wert als die Wirtschaft.
Aber er tut das schon.
Und das geht ja sogar so weit, dass sie sagt, dass die Innovation gar nicht mehr funktionieren würde, ohne. Genau.
Das passt da wie die Faust aufs Auge zu. Das ist wirklich eine komplett treffende Fortsetzung ihrer Argumentation oder eine konsequente Fortsetzung dessen, was sie in dem zumindest in diesem einen anderen Buch gemacht hat.
Und dieser Blick auf den Staat, der hat ein Problem.
Auf einmal kriegt der Staat weniger Geld und er kriegt gesagt, überlass die wichtigen Sachen mal lieber privaten Unternehmen, weil die können wertschöpfen, du kannst das nicht.

[25:00] So, das heißt der Staat kriegt weniger Geld und kriegt Aufgaben abgenommen.
Da steckt natürlich auch ein ganz bestimmtes Bild von Wertschöpfung drin.
Natürlich, ganz klar. Das ist rein diese finanzielle Perspektive im Grunde.
Ja, und diese finanzielle Perspektive nach bestimmten Regeln.
Da wird jetzt ja zum Beispiel, ich sag mal sowas wie so eine soziale Absicherung, die ja auch was Finanzielles letzten Endes ist, scheint da ja per se schon mal nicht mitgezählt zu werden.
Nö, das sind ja Kosten. Das ist ja Geld, was der Staat abgibt. Der verdient ja nichts daran. Vorgeblich.
Bürger ja schon. Ja, genau. Ich bin voll bei dir. Inhaltlich sind wir uns dann, glaube ich, einig.
Und was dadurch halt entsteht, ist ein unglaublich lukratives Feld für Strategieberatung.
Weil, und das ist jetzt ein Motiv, was wir auch immer weiter sehen, Wenn der Staat es nicht mehr machen kann, irgendwer muss es machen.

[25:58] Und da kommen Beratungsunternehmen wieder ins Feld, die halt auch teilweise derartige Aufgaben übernehmen, aber vor allem die anfangen, den Staat zu beraten.
Oder Regierungen, oder Kommunen, oder Länder. Ich rede jetzt immer nur von dem Staat.
Versteht darunter bitte sämtliche Ebenen der Regierung und der politischen und administrativen Entscheidungsgewalt.
Auf der einen Seite den Staat anfangen zu beraten, auf der anderen Seite aber auch die Unternehmen beraten, die die outsourcet Aufgaben übernehmen.
Das heißt, die verdienen auf einmal auf beiden Seiten Geld.
Ohne, dass so richtig klar ist, was eigentlich der Nutzen ist, den sie dabei liefern.
Außer, dass sie diesen Prozess ermöglichen und erleichtern, also das Outsourcing, den man vielleicht gar nicht gebraucht hätte.

[26:41] Und das ist ja auch prädestiniert für Interessenkonflikte. Genau, ja. Das wird ganz großes, langes Thema sein.
Und da kommt es auch wieder ins Spiel, dann kommen die Transformationen der 80er, 90er Jahre, bei denen die Bereitungen massiv mitgemischt haben. Das ist einmal das Thema Entwicklungshilfe.
Das ist auch noch so, wer irgendwie so in den 90ern, 2000ern das Thema Entwicklungshilfe, ein bisschen verfolgt hat, da war immer ganz viel die Rede davon vom IWF oder IMF auf Englisch, Internationalen Währungsfonds, der Kredite vergeben hat eben an Länder des globalen Südens, wie man heute so schön sagt. Und diese Kredite waren halt mit ganz starken Auflagen verbunden.
Und diese Auflagen waren eben auch wieder massiv geprägt von einem sehr neoliberalen Bild und Gesellschaftsbild, was halt heißt eine Exportorientierung, eine globale Vernetzung der Wirtschaft, Internationalisierung, offener Handel und teilweise tatsächlich auch explizit die, Aufforderung oder die Bedingung an die Staaten, dass sie sich bei diesen Transformationsprozessen Beratungsunternehmen dazuholen, die sie dabei begleiten. Wer hätte das gedacht?

[27:52] Die Beratungsunternehmen lassen sich das nicht zweimal sagen, ich will nicht mal ausschließen, sie weisen all diese Behauptungen und dieses Raunen, dass die Beratungsunternehmen das selber auch mitentschieden hätten, dass das so passiert, das weisen sie nicht wirklich nach.
Das bleibt immer so ein bisschen implizit, das bleibt immer so ein bisschen, ja und dann ist das passiert und guck mal wer davon auf einmal wieder profitiert.
Aber gerade, wenn man diese enge Verzahnung auch sieht, ist es jetzt nicht so völlig abwegig zu denken, dass da.

[28:23] Dass da auch zumindest ein gewisser Einfluss stattgefunden hat, auf welcher Ebene auch immer, dazu kommen wir nachher nochmal.
Das ist nämlich wahrscheinlich subtiler, als dass das Beratungsunternehmen dem IWF gesagt hat, was er tun soll.
Aber es gab ja vielleicht Alumni’s von Beratungsunternehmen, die an hoher Position im IWF waren und die natürlich, die glaubten an das System von Strategieberatung und deswegen natürlich durchaus geneigt waren, das entsprechend auch einzusetzen.
Ja, das wäre auch mein Gedanke gewesen. Also ein Gedanke, den ich zum Beispiel auch in Bezug auf sowas wie Goldman Sachs schon mal habe.
Wo es ja auch sehr viele Leute gibt, die da an irgendeinem Punkt mal gearbeitet haben, die dann auch in hohen politischen Funktionen gelandet sind.
Wie Mario Draghi zum Beispiel, wo ich dann denke, also selbst, ich glaub nicht unbedingt, dass die dann sozusagen immer noch für die Bank arbeiten, aber die haben natürlich einfach eine bestimmte Sicht auf die Welt da geprägt bekommen und versuchen dann alles immer mit denselben Rezepten und basierend auf derselben Welt sich zu lösen.
Und dann wäre das eigentliche Problem nicht …
Wäre dann eher, dass irgendwie so aus bestimmten Schienen oder fast alle Leute, die Entscheidungen treffen, werden die fast alle aus der selben…

[29:39] Weiß ich nicht, auf dieselbe Art geformt worden sind, dann kann ich dir halt vorher schon sagen, was für Lösungen die vorschlagen, weil die halt alle genau dasselbe immer vorschlagen werden.
Ja, genau. Das ist tatsächlich ein ganz großer Punkt. Da ist dann auch ein Punkt, da gibt es halt auch schöne theoretische Modelle zu, da gibt es von, wie heißt der, Richard Scott, glaube ich, die schönen Gedanken des Isomorphismus.
Aber das ist dann organisationssoziologisch, da müssen wir jetzt hier nicht tief einsteigen, ist auf jeden Fall mal eine schöne Lektüre, der genau diesen Mechanismus, nämlich man ist gleich gebildet, gleich geprägt, gleich sozialisiert, dass der eine ganz wichtige Rolle spielen kann.
Schön, die Verbindung hatte ich noch gar nicht gesehen, aber ja.
In der Mathematik gibt es das Wort auch. Ja, ja, ja, klar. Das gibt es in vielen Kontexten. Da heißt es wahrscheinlich ein bisschen was anderes, aber irgendwie auch wieder was ähnliches.
Ja, ich müsste jetzt ehrlich sagen nochmal nachreden, was das ganz genau war, weil das zu lange her ist, aber ja, es ist glaube ich nicht so anders.
Und dann hatten wir noch eine zweite Transformation, gerade in den 90er Jahren, das ist nämlich der Zusammenbruch der Sowjetunion und des Ostblocks, wo dann natürlich auch auf einmal sehr viele Staaten auf einmal ein kapitalistisch neoliberales Wirtschaftssystem übergestülpt bekamen.

[30:51] War natürlich auch wieder reges Betätigungsfeld für die Strategieberatungsunternehmen, die dann natürlich auch wieder diese Ideologie und natürlich auch zum Teil ihre Leute vermutlich, in hohen und entscheidenden Positionen auch wieder platzieren konnten konnten und damit auch ihren Einfluss auch wieder festigen konnten.

[31:10] Wir sind jetzt zeitlich ein bisschen später. Wir sind jetzt zeitlich so am Anfang der 2000er und so eher in den Regierungszeiten Schröder und Blair.
Da merkte man schon, dass irgendwas so an diesem Outsourcing-Gedanken, diesem New Public Management-Gedanken, irgendwas stimmt daran nicht so wirklich und wie passt das nicht so wirklich.
Wir müssen den Staat wieder ein bisschen verantwortlicher machen.
Wir können das nicht einfach nur outsourcen und dann es liegen lassen und nicht mehr drauf gucken.
Und dieser dritte Weg holte dann, zumindest auch rhetorisch und rechtlich, das schöne Bild des Steuerns und des Ruderns.
Der holte das Steuern wieder zurück in den Staat.
Er sagte, der Staat ist verantwortlich dafür, dass die Dienstleistung erbracht wird.
Er ist nicht unbedingt verantwortlich dafür, sie selbst zu erbringen.
So, das ist der wichtige Unterschied.
Der Staat muss steuern, was passiert. Er muss es aber nicht unbedingt selber machen.

[32:10] Jetzt haben wir ein Problem. Die 20 Jahre vorher hat der Staat outgesourcet.
Das heißt, dem Staat fehlt die Kapazität und die Kompetenz, um überhaupt zu steuern.
Sie haben ja bisher nicht mal gerudert. Sie haben ja outgesourcet.
Das heißt, der Staat weiß gar nicht, was das bedeutet.
Oder er weiß es vielleicht noch irgendwie, aber er hat gar nicht mehr die Kompetenz, ein komplexes Steuersystem oder eine große Gesundheitsreform oder irgendwie große Gesetzesnovellen oder sowas überhaupt noch zu generieren, in bestimmten Feldern, weil in dieser, durch die Outsourcing-Phase vorher, in diesen Feldern sehr viel Kompetenz fehlt.
Und weil die Budgets ja auch immer noch knapp sind, ist. Deswegen auch sehr schwer ist die Kompetenzen aufzubauen.

[32:56] Und das ist ein Motiv, was ganz stark kommt, was vielleicht sogar eines der Kernargumente, glaube ich, ist von Mazzucato.
Dieser Verlust von Kompetenz oder diese fehlende Kompetenz beim Staat oder auch bei Unternehmen, die sich zu sehr auf Beratungsunternehmen verlassen.
Weil die eben das dann nicht mehr selber können und irgendwann auch die Beratungsunternehmen nicht mehr steuern können.
Aber dazu kommen wir gleich nochmal.
Was passiert, wenn der Staat was tun soll, was er nicht kann?
Weil ihm erstens die Arbeitskapazität, die Personalkapazität fehlt, fehlt und zweitens auch einfach die Kompetenz oder die institutionelle Erfahrung, ja, er kauft sich Berater ein. Das heißt, was passiert? Es ist jetzt meistens so, dass der Staat nicht mehr direkt an Unternehmen vergibt, die dann irgendwas machen, sondern dass der Staat die Steuerung für ein bestimmtes Themenfeld, für einen bestimmten Aspekt ausschreibt an, sogenannte Prime Contractors, also irgendwie Generalunternehmer wird man das, glaube ich, in Deutschland nennen und die dann an untere Auftragnehmer vergeben und steuern.

[33:59] Ja, jetzt haben wir… Das ist ja noch schlimmer, als ich gedacht hätte.
Ja, genau. Also das ist jetzt das britische Beispiel. Ich weiß nicht, wie stark der Fall in Deutschland noch eingetreten ist.
Also da sind wir jetzt in einem britischen Spezialfall. Du sagtest ja, Mazzucato und Collington sitzen in London.
Wie weit das jetzt auf Deutschland übertragbar ist, da bin ich mir auch nicht so 100% sicher.
Aber da müssten wir mal gucken. Aber jetzt haben wir drei Ebenen. Jetzt ist der Staat da, jetzt ist der Generalunternehmer da und jetzt sind die durchführenden Unternehmen da.
Und auf allen drei Ebenen können Strategieberatungsunternehmen beraten und als Generalunternehmer und auch als Unterauftragnehmer können sie ja auch selber agieren.
Das heißt, sie haben auf einmal in dieser Konstruktion, haben sie fünf Märkte im Grunde, auf denen sie sich bewegen können.

[34:47] Nett, ne? Ja, also, wenn man Aufträge haben will, ist es natürlich immer besser, wenn es mehr Auftraggeber gibt.
Genau. Und was dabei noch das richtig perfide ist, ist, wie diese Verträge meistens konstruiert sind.
Auch hier wieder, ich gehe davon aus, Sie reden in erster Linie über den Fall Großbritannien, aber ich vermute, dass Ideen und Aspekte davon jetzt auch in Deutschland nicht so groß anders laufen.
Das ist nämlich, dass das Risiko, was eben mit der Erbringung dieser Dienstleistung verbunden ist, nicht auf den Auftragnehmer übergeht.
Die übliche Finanzierung und Abrechnungsweise dieser Art von Verträge, also vor allem dieser Prime Contractor Verträge, ist das sogenannte Cost plus Fixed Fee.
Das heißt, die Unternehmen bekommen ihre Kosten erstattet plus eine fixe Summe.

[35:37] Also die Summe ist dann quasi das Honorar, aber es ist dann so gestaltet, dass die Kosten auch einfach direkt weitergegeben werden können.
Genau, die Kosten werden direkt weitergegeben und das ist natürlich eine sehr bequeme Position.
Jaja, da würden sich viele, ich sag mal kleinere Freiberufler freuen, wenn sie das so machen können.
Genau, das heißt du hast auf einmal keinerlei Risiko bei dem Beratungsunternehmen, weil wenn irgendwas mehr Arbeit ist oder wenn irgendwas länger dauert, weil sie schlecht gearbeitet haben, Aber heute haben wir ja die Kosten, kriegen Sie ja erstattet. Ist doch kein Problem.
Und ich vermute auch, dass Kosten nicht Kosten sind im Sinne von, das sind meine Personalkosten, sondern das wird tatsächlich auch ein Tagessatz sein oder ähnliches, der da angesetzt wird.

[36:22] Ja gut, aber es wäre jetzt die Frage gewesen, wenn da die Personalkosten mit drin sind, das sind ja die Hauptkosten, die das Unternehmen hat. Also das Beratungsunternehmen hat.
Was ich meine ist, das sind nicht die Personalkosten, sondern das ist der Preis, den das Unternehmen nimmt für seine Berater.
Du gibst ja nicht eins zu eins deine Personalkosten weiter, du kalkulierst da ja alle sämtliche Fixkosten für Personen, die nicht beraten und so weiter, kalkulierst du ja in die Sätze, die du deine Beraterkosten lässt, ein.
Und das wird da alles einkalkuliert sein, das heißt nicht nur rein, hier ist die Lohnabrechnung, zahl mir die mal statt mir selbst, sondern da werden auch Margen drin sein und andere Kostenblöcke drin sein.
Sprich, das ist für die sehr lukrativ und sie haben halt kein aller Risiko, weil wenn es länger dauert, wenn es teurer wird, die auch Staat zahlt, ja.

[37:11] Ja, eigentlich ja sogar das Gegenteil, ne? Ja, genau. Also eigentlich ist es ja eher ein Anreiz zu sagen, ja, wir sollten ruhig ein bisschen länger brauchen, weil wir da ja mehr Geld dann kriegen.
Genau. Und sie beraten halt auch nicht mehr nur, sondern sie übernehmen halt tatsächlich originär staatliche Aufgaben.

[37:32] Das hat ja mit Beratung im Grunde nichts mehr zu tun. Und das ist halt schon, ja, da sind wir schon irgendwie woanders.
Ganz krass wird dieses Beispiel bei diesen schönen Public-Private-Partnerships, von denen man ja immer noch hört.
Also diesen Fällen, wo private Investoren irgendwie staatliche Infrastruktur mitfinanzieren.
Das hat man, wir hatten das in Deutschland, die Diskussion hatten wir bei Autobahnen.
Die haben wir immer bei irgendwie so den großen, großen öffentlichen Projekten, wo jetzt der Staat sagt, ja, wir wollen die nicht komplett bezahlen, zumindest nicht jetzt sofort, sondern die baut ein privater Investor und wir leasen die dann für 40 Jahre oder irgendwas in der Art. Das ist natürlich erstens für den Staat sackig teuer, weil der Investor, der heißt Investor, der will natürlich eine Rendite sehen. Natürlich wird das, was der über 40 Jahre einnimmt, mehr Geld sein als das, was er da rein investiert. Mal von sämtlicher Risikoverschiebung überzogen, von Kosten und so weiter noch abgesehen. Plus da sind natürlich auch wieder Beratungsunternehmen dabei, die bei jedem Schritt dieses Prozesses und auf jeder Ebene dieses Prozesses beraten, können. Und auch gerne mal auf beiden Seiten. Also ich weiß nicht, ob dasselbe Unternehmen im selben Prozess auf beiden Seiten berät. Das wäre vielleicht schon ein bisschen sehr offensichtlich. Aber so von einem grundsätzlichen Ansatz her sind die auf jeder Ebene unterwegs, und können auch alle Parteien grundsätzlich beraten und machen das auch. Das heißt, da natürlich Interessenkonflikte wieder massivst vorprogrammiert.

[39:02] Ja, das würde ich auch so sehen. Und diesen Mechanismus sieht man über und über und über, den haben wir in den letzten 20 Jahren, noch nicht mal 20 Jahre, in den letzten, was ist das hier, 15 Jahre, haben wir diesen ganzen Mechanismus gesehen bei der Finanzkrise.

[39:18] Bei den Sparprogrammen im Anschluss an die Finanzkrise, beim Thema Digitalisierung, beim Thema Nachhaltigkeit oder auf Manager spreche Corporate Social Responsibility, beim Thema Corona-Pandemie, wenn es um den Kampf gegen die Klimakatastrophe geht.
Bei all diesen Themen sind Beratungsunternehmen auf allen Ebenen dabei.
Bundeswehr. Genau, Bundeswehr ist auch ein schönes Thema. Das würde ich jetzt nicht unbedingt unmittelbar eine Krise nennen, aber eigentlich könnte man, ja.
Ja, es funktioniert ja nicht, also das ist so ein bisschen das…
Ich habe das Beispiel jetzt gerade bewusst rausgegriffen, weil das ist ja was, wo es jetzt große Diskussionen gibt, dass das alles nicht funktioniert.
Und man kann sich ja mal vielleicht daran erinnern, dass da irgendwie, ich glaube, noch unter Frau von der Leyen als Verteidigungsministerin, dass es dann irgendwann mal hieß, dass da im Jahresbudget sowas wie 300 Millionen an Berater gegangen sind.
Und das Ergebnis ist, dass nichts funktioniert.
Könnte einem zu denken geben.
Ja, klingt jetzt nicht nach guter Beratung, sagen wir mal so.
Und es ist auch tatsächlich genau so ein Aspekt, den auch die Autorinnen dann ganz klar machen.
Aber gerade in diesen Krisensituationen muss man ganz deutlich machen, dass diese Strategieberatungsunternehmen eben keine konkrete Erfahrung mit solchen Situationen haben und auch keine echte Kompetenz.
Weil wie soll denn ein Strategieberatungsunternehmen Erfahrung damit haben, ein bevölkerungsweites Impfprogramm zu organisieren.

[40:46] Da fand ich es in Deutschland ja schon ganz clever zu sagen, okay, wir schieben das mal in Richtung der Bundeswehr.
Da kann man auch immer noch sich so ein bisschen kritisch drüber sagen, dass die Bundeswehr im Land und so, ne, ne.
Ist nicht ganz sauber, aber zumindest was die Kompetenzebene angeht, traue ich denen das dann im Zweifel schon eher zu.
Aber man sieht es besonders schön bei vielen afrikanischen Staaten, die natürlich mit anderen Epidemien wie Ebola und ähnlichem schon Erfahrung haben, die natürlich auf die Corona-Pandemie ganz anders reagieren konnten.
Ja, oder auch asiatische Staaten, die dann aus der letzten SARS, aus dieser SARS-Epidemie, die bei uns nie richtig durchgekommen ist, dann daher ja schon viel gelernt hatten und das dann auch genutzt haben.
Genau, und das ist halt genau auch wieder der wichtige Punkt.
Jetzt hat das in, ich glaube das Beispiel ist auch wieder UK, Okay, da ist ja auch wieder bei Corona einiges schiefgelaufen.

[41:45] Da hat ja das Corona-Management nicht vernünftig funktioniert.
Und sie haben auch noch nichts gelernt davon fürs nächste Mal.
Das ist ja so die Schlechteste beider Welten. Wenn man schon einen Fehler macht, dann sollte man zumindest aus ihm lernen.
Wobei ich da bei uns leider auch Zweifel habe. Aber ein anderer Problemkomplex.
Ich sehe das vielleicht auf der politischen Entscheiderebene, eher ein Problem des öffentlichen Diskurses.
Ich glaube, auf der Verwaltungsebene, die Verwaltungseinrichtungen und Gesundheitsämter, die haben eine Menge gelernt.
Das glaube ich schon.
Ja, also, das, was ich im Nachhinein ein bisschen ärgerlich finde, ist, dass es ja eigentlich Pandemiepläne vorher schon gab.
Und man hätte nicht alles neu lernen müssen, weil das eigentlich schon alles, in irgendwelchen Planspielen und ähnlichen Sachen, alles schon durchgeixt war.

[42:39] Ja, da hast du recht. Und dann denke ich mir, okay, also ich bin mir nicht sicher, ob man gelernt hat, dass man so einen Plan auch benutzt, was ja eigentlich das Sinnvollste wäre im Nachhinein.
Ja, stimmt, als Mann man sollen.
Ich fürchte, wir werden das noch erleben, wie viel man daraus gelernt hat.
Ja, ich befürchte das wohl auch.
Wie wenig wir daraus gelernt haben, werden wir noch erleben, ja.

[43:06] So, klingt jetzt alles nicht so wirklich gut für die Beratungsunternehmen, ne?
Aber warum funktioniert der Mist denn da?
Also ich würde sagen, es klingt nicht gut für die Gesellschaft.
Ja, das auch. Beratungsunternehmen, die machen ja gut Geld damit.
Okay, ja gut, so kann man es natürlich sehen, das ist richtig.
Aber man kann sich ja schon fragen, warum der Mist so gut funktioniert.
Warum klappt das? Warum hat das über Jahrzehnte? Also es funktioniert ja immer noch.
Und das ist tatsächlich so ein bisschen der ganz spezifischen Konstellation geschuldet, die wir gerade haben.
Das eine ist, der Staat ist chronisch kaputtgespart, das wissen wir.
Und er braucht ständig zusätzliche Kapazität. Er braucht ständig irgendwie Unterstützung bei Dingen, die er alleine von seinen eigenen festangestellten oder festangestellten oder gar verbeamteten MitarbeiterInnen nicht leisten kann.
Einfach weil die Kapazität nicht da ist.
Und da sind Beratungen natürlich ein guter Notnagel.

[44:04] Ja. Dazu kommt, intern macht man sich überhaupt nicht angreifbar, wenn man eine Beratung einkauft.
Weil die haben so einen guten Ruf und so ein gutes Image, zumindest die großen, dass ich Geld, was ich für Beratungen ausgebe, da kann ich immer rechtfertigen, warum ich das ausgeben musste.
Zumindest quasi prospektiv, also wo ich das jetzt brauche für die Beratung.
Und da ist es dann eben auch so, dass die tatsächliche Kompetenz das Beratungsunternehmen gar nicht braucht, weil der Auftraggeber auch einfach oft nicht einschätzen kann, was das Beratungsunternehmen denn so anbietet.
Das ist so ein klassisches, schönes Beispiel, wo man das gerade so ein bisschen halböffentlich auch mitkriegt, ist das Thema Digitalisierung, Verwaltungsdigitalisierung.
Wenn man sich da mal so anschaut, was irgendwie so die technischen ExpertInnen so erzählen zu den diversen Digitalisierungsinitiativen, Ja, da stellen sich einem schon die Haare auf und man fragt sich, warum machen die in dem Staat in Anführungszeichen so einen Unsinn?

[45:01] Wichtiger als sicheres Auftreten für die BeraterInnen. Ja, ich meine, ich habe ein- oder zweimal in meinem Berufsleben auch mit Beratern zu tun gehabt, wahrscheinlich ein bisschen öfter.
Größtenteils mit Fachberatern, die dann schon in dem entsprechenden Gebiet unterwegs waren.
Aber selbst da hat man manchmal das Gefühl, dass die besser darin sind, ihr vorgefertigtes Ding zu verkaufen.

[45:28] Jetzt wirklich was zu machen. Und ja, eine Frage, die ich mir auch oft gestellt habe, und das wird jetzt im Staat nicht anders sein als in einem Unternehmen, wenn du halt, sagen wir mal, quasi fast durchgehend zwei Berater im Haus hast, die irgendein Problem bearbeiten, Und das über Jahre hinweg, ob es nicht sinnvoller wäre, da einfach mal zwei Leute für einzustellen.
Und dann wird immer mit Kosten argumentiert.
Das hat dann, glaube ich, auch viel mit solchen, mit irgendwelchen komischen Buchhaltungsregeln zu tun, also die aber irgendwie, glaube ich, auf mich so ein bisschen willkürlich scheinen, dass das ja sogenannte Sachausgaben sind besser als Personalausgaben und Berater kann nicht unter Sachausgaben stecken. Personalausgaben sind irgendwie schlecht, weil ich ja Personal nicht so schnell loswerde. Aber wie gesagt, in dem Moment, wo du die Leute halt eh immer da hast, denke ich mir halt, und die auch immer ähnliche Dinge tun, stell doch lieber zwei Leute ein, die kommen dich jetzt pro Tag, sind die wahrscheinlich günstiger als der Tagessatz von so einer größeren Beratung. Wobei wir jetzt natürlich immer weiterhin das Problem reinrennen, dass es immer weniger Leute gibt, die das dann im Zweifel auch können. Stichwort Fachkräftemangel, wo man jetzt drüber diskutieren kann, wie, wo, was, der wirklich relevant ist.

[46:49] Aber warum das für Leute interessant ist, Beratung zu machen, da komme ich gleich auch noch zu.
Gut, was wir auch noch haben, die Beratungen haben natürlich ein Top-Image.

[47:03] Weil die rekrutieren oder haben lange Zeit, mittlerweile haben sie es geöffnet, aber haben wir lange Zeit in erster Linie an Top-Universitäten recruited.

[47:10] Du kannst halt immer sagen, hier ist ein Harvard-Absolvent oder eine Cambridge-Absolventin und so, die dann irgendwie auch gleich so ein bisschen ein Image und Legitimität mitbringen.
Auch wenn ich jetzt mal behaupten würde, dass die an sich auch nicht besser sind als Absolventen von vielen anderen Universitäten oder zumindest nicht so viel besser, wie man das immer behauptet.
Das ist immer schwer zu sagen. Es gibt ja auch die Idee, zu sagen, dass das eigentlich das, was die eigentlich besser macht, ist der Selektionsprozess vorher.
Jetzt gar nicht mal so unbedingt das Studium selbst, sondern der Selektionsprozess vorher, dass da natürlich auch bei der Auswahl Zugang zu der Hochschule schon sehr massiv selektiert wird.
Und dann natürlich nur dahin kann auch schon, wer schon mal gezeigt hat, dass er sehr viel drauf hat.
Dann könnten wir über die Selektionskriterien diskutieren. Ja, ja, ja, ja, ja. Das wird, äh…
Da sind wir dann bei, hier, das, wie hat auch hier, Amanda hat doch das Buch vorgestellt, zum Ende der Meritokratie von Sandal.
Ja. Das geht genau um die Rechnung. Klar, da muss man auch wieder diskutieren, aber das ist halt eine Logik, die in Köpfen da ist.
Ähm, Harvard absolut, oh cool.
Ähm. Ja.
Und diese Recruits von Top-Universitäten bringen halt auch gleich ein tolles Netzwerk mit, ne?

[48:22] Deren Studienfreunde und StudienkollegInnen, die fangen jetzt auch nicht beim lokalen Unternehmen an der Kasse an, sondern die sind natürlich auch prädestiniert dafür, irgendwie aufzusteigen und dann bei Unternehmen oder in Einrichtungen zu sitzen, die später zu Kunden der Beratungsunternehmen werden können. Das ist natürlich auch eine schöne Brücke.
Und dann haben wir eben noch die Alumni, das Up or Out, die halt irgendwann den Weg aus der Beratung rausgenommen haben, Aber im Normalfall halt trotzdem noch der Beratung als Idee, sie nennen das so schön Consultology, irgendwie auch vertrauen und weiter daran glauben, dass Beratung irgendwie sinnvolles oder Strategieberatung in diesem Sinne ein sinnvoller und hilfreicher Weg sein kann.

[49:03] Und dann haben die Beratungsunternehmen natürlich oft auch veröffentlichten, auch in Anführungszeichen wissenschaftliche Studien, mit denen sie sich auch nochmal so einen Legitimitätsanschein geben können.
Das heißt nicht, dass diese Studien unbedingt schlecht sein müssen, aber sie unterstützen halt einfach nochmal dieses Image.
Warum ist das Ganze für AbsolventInnen interessant? Warum wollen Leute dahin?
Weil Beratungsunternehmen zahlen gut, aber jetzt auch nicht überragend gut.

[49:34] Und das erste ist natürlich ein Crashkurs für eine Managementkarriere.
Also als Neuling in so einem Beratungsunternehmen in deinem ersten 1-2 Jahren lernst du halt schon gewaltig viel und empfiehlst dich halt für höhere Aufgaben auch irgendwie bei anderen Unternehmen jetzt nicht nur in deinem eigenen Kreis.
Das ist natürlich interessant.
Und Beratungen, dadurch, dass sie eben so eng in alle Prozesse eingebunden sind, können natürlich auch sehr schön kommunizieren, dass man in ihnen sinnvolle Arbeit machen kann.
Eigentlich das, was der Staat kommunizieren könnte. Du kannst bei uns was gestalten, in einer guten Gesellschaft mitwirken oder so.
Dadurch, dass der Staat, was das angeht, so ein schlechtes Image hat, können die Beratungen dieses Narrativ wunderbar abgreifen und sagen, bei uns kannst du das machen, weil wir haben daran mitgewirkt, wir haben daran mitgewirkt, wir haben das mitgestaltet.
Und die Beratung hat dieses schlechte Image irgendwie noch, vielleicht?
Ähm, nicht.
Ja, ich meinte…

[50:25] Also bei uns, ich hab ja Physik studiert, ne, da gab’s das auch schon mal, dass da dann so Beratungen, quasi so Recruiting-Veranstaltungen gemacht haben, ne, und das klang alles schon sehr spannend. Mhm.
Ähm, ne, ähm, letzten Endes, äh, hab ich mich dann nicht für den Weg entschieden, weil ich dann dachte, naja, und wie jetzt, äh, quasi kein richtiges, äh, Zuhause zu haben. Ja.
Ne, also es war wirklich sehr individuell. Ja.
Es klang dann halt doch nicht so attraktiv, also in meinem Hotel zu wohnen.
Heute mit mehr Homeoffice wäre das vielleicht dann doch wieder attraktiver gewesen, aber, inzwischen, wie man vielleicht ein bisschen hat durchklingen hören, bin ich da auch durchaus kritisch gegenüber dem Output, den Beratungen zu bringen.

[51:13] Ja, das ist halt auch wieder der Witz, auch wenn man auf das Output guckt, der ist ohnehin immer schwer zu messen.
Gerade wenn du ein Beratungsunternehmen bist, das irgendwas empfiehlt und das funktioniert dann nicht, kann man am Ende immer, kann das Beratungsunternehmen immer sagen, wir haben es ja nur empfohlen. Umgesetzt habt ihr es, ihr habt bei der Umsetzung was nicht richtig gemacht.
Und sie haben halt ein sehr schwer angreifbares Image und eine sehr, sehr enge Vernetzung in viele Bereiche, die es unglaublich schwer macht, sich von ihnen loszusagen, sozusagen.
Als Beispiel kann man tatsächlich mal aufgreifen, ihr erinnert euch ja wahrscheinlich noch an das ganze Thema Enron, diesen Enron-Skandal vor 15, 20 Jahren.
Zusammenbruch von sehr großen Energieunternehmen, wo eben das Zusammenspiel aus Beratungsunternehmen und Wirtschaftsprüfungsarmen bei AFA Endersen unter anderem dazu beigetragen hat, dass da ein gigantischer Betrug mit anschließendem Skandal entstehen konnte.
Und den Beratungsteil dieses Unternehmens, AFA Endersen, den gibt es immer noch.
Der heißt jetzt halt nur Accenture.
Aber noch nicht mal ein solcher Skandal hat dazu geführt, dass dieses Beratungsunternehmen nicht weiter existieren konnte.
Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen ist futsch, die gibt es nicht mehr.
Aber den Beratungsarm von AFA Endersen, den gibt es tatsächlich immer noch.
Heißt halt nur anders.

[52:30] Ja, es ist, weiß nicht, es ist so ein Themenkomplex, der sich da, glaube ich, aufmacht, dass wir immer wieder so, ich sag mal, ein gesamtsystemisches Versagen einfach haben.
Und dann kann man jetzt die Beratungsfirmen als einen Teil dieses Systems auf jeden Fall rausnehmen, denke ich, und mal hinterfragen.
Genauso hinterfragen wie andere Teile des Systems, sagen wir mal so.
Also sie sind sicher nicht allein schuld an den Dingen, aber sie haben es auch nicht verhindert und insgesamt würde ich sagen, dass sie wahrscheinlich, also zumindest im Moment, mehr schaden als nutzen.

[53:09] Dass das historisch nicht immer so war, da gehe ich mal von aus, ne?
Aber im Moment ist das vielleicht auch ein bisschen diese Groupthink-Sache, die ich eben schon mal meinte, ne?
Wenn alle aus derselben Denkschule kommen, dann gucken die halt auch auf alles gleich.
Du hast immer dieselben Lösungen und die werden einfach immer wieder stupide probiert.
Gerade in der Strategieberatung, dann diese MBA-Logik, wir machen irgendwelche Fallstudien.
Und dann suchst du halt, auf welche Art von Fallstudie passt, was ich mir gerade angucke.
Und das kann man natürlich so machen, aber die Welt ist halt ein bisschen komplexer als das.
Du versuchst alles, das ist das Klassische, wenn du nur einen Hammer hast, versuchst du halt alles in die Wand zu hauen, auch wenn es jetzt bei einer Schraube oder anderen Dingen, bei einem Dübel, vielleicht nicht die beste Idee ist, das so zu machen.
Ja, ja, genau. Wenn du nur einen Hammer hast, sieht alles aus wie ein Nagel. Ja, sehr, sehr, sehr richtig. Und das Ganze hat halt Konsequenzen. Das ist das Tragische dabei.
Das ist jetzt der nächste Abschnitt auch. Welche Konsequenzen das für Staaten und Unternehmen hat.

[54:20] Also wir reden hier meistens eher von Staaten öffentlicher Hand, weniger von Privatunternehmen.
Aber ganz viel von dem, was wir da haben, ist natürlich auch im Grunde auch übertragbar.
Das erste ist, der Staat hat sehr hohe Kosten bei sehr unsicherer Qualität.
Das ist immer eine schlechte Konstellation. Ich zahle für was, was potenziell sehr schlecht ist.

[54:42] Das zweite, was vielleicht nachhaltig noch viel kritischer ist, dass die Kunden nicht nachhaltig von den BeraterInnen lernen, sondern eben abgeben, auslagern und Organisationen allgemein dadurch einfach ganz viel an Kompetenz verlieren, und keine Erfahrung in vielen Bereichen haben.
Und gerade sieht man das eben besonders, besonders stark im Themenfeld IT und der öffentlichen Verwaltung.
Aber ich glaube nicht nur in der öffentlichen Verwaltung.
Dass da einfach vielen Organisationen die Kompetenz und die Erfahrungen im Umgang mit IT-Systemen und in der Gestaltung und Konzeption von IT-Systemen fehlt.

[55:16] Und die eigentlich auch keine Chance haben, diese Erfahrung oder diese Kompetenz aufzubauen, ohne wirklich richtig viel Geld investieren zu müssen.
Und eben auch langfristig investieren zu müssen, wie du gerade sagtest, mit Personalkosten, die dann eben potenziell 30 Jahre plus irgendwie Pensionsansprüche oder Rentenansprüche oder sowas auflaufen.
Was natürlich für Unternehmen viel, viel, viel, viel teurer ist, als sie jetzt erst mal sagen, ich hole mal für sechs Monate, Ein Berater und danach zahle ich ein gewisses Service-Fee für das Outsourcen dieser Leistung.
Ja, das ist halt das, wo ich nicht sicher bin, ob das auf lange Sicht wirklich dann billiger ist. Nö.
Das ist ja interessanterweise was, wo sich nie mal jemand hinsetzt und da die ganzen Projektionen mal wirklich sauber macht.
Sondern das wird halt immer erstmal so gesagt und das klingt logisch und das glauben dann alle.
Ja.
Ja, wobei du natürlich auch noch diesen Aspekt hast, gibt doch dieses schöne Beispiel, ich glaube es ist sogar aus dem Terry Pratchett Buch, meine ich, wo es darum geht, sich Stiefel zu kaufen.
Der Stiefel, der nur einen Winter hält, kostet 10 Dollar und der Stiefel, der 10 Winter hält, kostet 50 Dollar.
Ja, aber wenn ich so arm bin, dass ich nur 10 Dollar habe, dann muss ich mich jedes Jahr einen neuen Stiefel kaufen, weil ich nie dazu komme, die 50 Dollar zusammen zu sparen, um den 10-Jahres-Stiefel mir zu kaufen.
Und vielleicht ist das auch genau so ein bisschen der Aspekt, der da mit reinspielt.

[56:36] Das ist aus einem Terry Pratchett Buch, ich weiß gar nicht aus welchem, aber kenn ich auch.
Und mit dieser fehlenden Erfahrung geht es ja noch weiter, wird es ja noch schlimmer, weil auf einmal fehlt den Organisationen auch die Möglichkeit, die Arbeit der Berater überhaupt mal zu kontrollieren und zu steuern.
Also die können dann auch nicht mal mehr sagen, ob das, was die BeraterInnen da machen, sinnvoll ist oder nicht.
Wir können das nicht einschätzen, also sie agieren im Grunde nicht auf Augenhöhe mit den BeraterInnen, die sie beraten, als Partner sozusagen, irgendwie versuchen da Prozesse zu entwickeln oder so, sondern sie begeben sich im Grunde in Abhängigkeit von denen.
Und das führt dann auch zu sowas, was wir jetzt auch in der deutschen Politik ja schon mehrfach gesehen haben, dass auf einmal Gesetze, die Formulierung von Gesetzen, irgendwie von Lobbyverbänden oder Beratungsunternehmen kommt.
Weil die öffentliche Hand das gar nicht mehr selber kann oder die Kapazität dafür nicht hat.

[57:31] Und das kann es natürlich irgendwie dann auch nicht sein, weil dann kommen wir wirklich in Bereiche, weil dann auch einfach Vertrauen verloren geht, also ich meine, der Staat hat sowieso schon ein schlechtes Image.
Und dann kriegt man jetzt noch mit, dass selbst seine Kernaufgaben er einen Berater auslagern muss.
Ja und dann kommen wir irgendwo an den Punkt, wo es für die Demokratie gefährlich wird.
Ja vor allem, das was dann da produziert wird, ist ja auch wieder zweifelhaft.
Und wird dann wieder dem Staat zugeschrieben und nicht den Berater.
Also es regen sich alle einmal drüber auf, dass die Berater das geschrieben haben.
Und fünf Jahre später, wenn die negativen Konsequenzen dessen deutlich werden, ist es wieder der Staat schuld.

[58:10] Das ist wieder dieses Verlagern von Risiko. Weg von der Beratung, weil die machen ja nichts verbindlich, die empfehlen ja nur.
Und dann haben wir das Gleiche, den gleichen Mechanismus haben wir noch stärker, oder das ist jetzt das, wo sie dann noch tatsächlich noch ein eigenes großes Kapitel widmen, was ich jetzt hier aber nicht im Detail zusammenfassen will, ist das beim ganzen Thema Klimakatastrophe.
Wo wir genau die gleichen Mechanismen wiedersehen, wo auch gerade in dem Bereich ganz viel so marktliche Ansätze propagiert werden, eben auch von den Beratungsunternehmen, klar, weil die sind für die Beratungsunternehmen mit Abstand am profitabelsten.
Die Beratungsunternehmen auch gut dabei unterstützen Kommunikation und so vorgebliche Verbindlichkeit im Grunde zu kommunizieren und irgendwie zu etablieren, aber dann doch auch nicht so wirklich ins Handeln kommen.
Nicht so wirklich Commitment produzieren, weil man ja auch wieder, vielleicht ist es eine Verschwörungstheorie, aber es scheint mir sehr plausibel, die beraten halt auch die Unternehmen, die fossile Energien fördern. Und ich vermute, die bezahlen besser.

[59:16] Primär an den Beratungen liegt, weiß ich nicht, aber es ist sicher so, dass also Interessenkonflikte sind da auf jeden Fall vorhanden und das, was dann ja wirklich in dem Moment irgendwie immer so ein bisschen perfide ist, es gibt ja auch Experten.
Es gibt ja Leute, die an Unis sich mit solchen Themen beschäftigen, es gibt da irgendwelche Klimaökonomen.
Also jetzt von den Klimaforschern, die wirklich den Klimawandel selber erforschen, gar nicht zu reden, die einem ja auch irgendwie sagen können, was man tun soll.
Also genauso wie jetzt zum Beispiel bei der Pandemie, da gibt es ja Epidemiologen.
Die halt wirklich beraten.

[1:00:00] Ja, genau. Und die halt sagen können, was aus ihrer Sicht denn richtig ist. Und natürlich kann man das als Staat dann nicht eins zu eins verwenden, weil der Epidemiologe, der wird natürlich, ich weiß, falls sagen wir machen sofort total Lockdown und dann werden andere Gruppen der Gesellschaft mit guten Argumenten sagen, warum das vielleicht gar nicht so schlau ist.
Ja, klar.
Das fand ich auch immer sehr schön an dem Professor Drosten, dass der halt auch selber immer gesagt hat, er hat diesen einen Blickwinkel und den muss man mit den anderen abstimmen.
Der das immer von sich gewiesen hat, aber die Beratung zu dem Fachlichen, die kann man sich ja woanders holen.
Ja, klar. Und dass man dann irgendwie zu McKinsey läuft, ja, anstatt irgendwie zu jemandem, der sich mit dem Thema wirklich auskennt, ist ja in sich schon irgendwo so ein bisschen seltsam.
Ja. Also.

[1:00:54] Genau, wahrscheinlich auch einfach wieder, weil es halt, ne, so beraten ist schön und gut, aber beraten macht halt eher Arbeit, als dass es Arbeit abnimmt und wenn ich eh schon zu wenig Kapazität hab, geh ich doch lieber zu denen, die mir die Arbeit dann auch abnehmen.
Versteh ich ja sogar irgendwo.
Ja, und es ist natürlich, was du auch eben meintest, dieses, ne, damit kann ich nichts falsch machen.
Also ich glaube, oder ich hab den Eindruck, dass in so Organisationen, das ein viel größerer Faktor ist, als man so gemeinhin denkt.
Jeder möchte sich halt absichern, nicht angreifbar sein, ne, und dann gibt’s halt einfach diese Lösung, okay, da kommt zwar wahrscheinlich nichts bei rum, Aber, ne, keiner kann mir sagen, dass ich ja nichts gemacht habe.
Und ich glaube, dieses Denken ist was, was man dann im Grunde, wenn man da was ändern will, so ein bisschen aufbrechen muss.
Ja, definitiv.
Ja, Stichwort ändern ist ein guter Übergang. Das ist nämlich dann der letzte Abschnitt.
Die Autorinnen machen dann so vier Vorschläge, vier grundsätzliche Sachen, was wir sozusagen, also vor allen Dingen Staat, Gesellschaft und auch Unternehmen auf Kundenseite, im Grunde tun müssten, um da ein bisschen wieder rauszukommen.
Und das ist im Grunde nicht dieser, also der Grundsatz dieses dritten Weges war ja Steuern statt Rudern.
Und sie empfehlen halt eher den Grundsatz Rudern umsteuern zu können.

[1:02:22] Der Staat muss es auch zum gewissen Maße selber machen, um überhaupt einschätzen zu können, was er da steuert.
Und das erste und wichtigste, was sie voranstellen, ist, wir brauchen eine neue Vision für die öffentliche Hand.
Wir brauchen die Erzählung, das Wissen, das Vertrauen, die Überzeugung, dass Staat und Regierung Wert schaffen.
Dass die auch leistungsfähig sind, dass die Dinge tun können.
Dass die handlungsfähig sind und auch umsetzungsfähig sind und nicht so ein bisschen die Stümper, die eh nix hinkriegen.
Den Eindruck, den man ja leider doch heutzutage viel zu oft hat.

[1:02:58] Wobei da teilweise der Eindruck vielleicht auch daherkommt, dass man das zu sehr privatisiert hat.
Ja, ja, genau. Aber es wird ja trotzdem dem Staat zugeschrieben.
Das Vertrauen in ihn geht verloren, nicht unbedingt in die Privaten, oder den Privaten ist es zum Teil auch einfach egal.
Aber in der Öffentlichkeit, der Staat ist halt der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig in gewisser Weise.
Da ist der Eindruck halt schon, dass ich jetzt als Bürger nicht McKinsey beauftrage, okay, aber ich werde eh nicht Zielgruppe, für den Staat bin ich halt Zielgruppe.
In gewisser Weise. Also das war das erste Thema, diese neue Vision für die öffentliche Hand.
Das Zweite sind Investitionen in Kapazität, einfach wieder Handlungskapazität und auch Lernfähigkeit sozusagen.
Also wir haben natürlich, wenn wir so ein neues Narrativ haben, so Staat macht sinnvolle Dinge und so, dann haben wir auch einmal wieder die Möglichkeit, gute Leute zu holen und zu binden.
Das Problem ist, der Mist kostet.

[1:03:58] Und wo die beiden halt so einen guten Übergang sehen oder eine gute Unterstützung, ist tatsächlich im gezielten Einsatz von, schwerpunktmäßig lokalen oder eben fachlichen Beratungen, die tatsächlich fachliche Expertise haben und wirklich beraten und unterstützen können und nicht in erster Linie am nächsten Folgeauftrag sozusagen interessiert sind, oder an einer gewissen Einflussnahme oder einer Gestaltung von irgendwelchen Regeln, die dann zu Folgeaufträgen führen.

[1:04:23] Weil damit auch wieder natürlich lokale Akteure, die lokale Wirtschaft gestärkt wird und so weiter und so fort.
Also das ist so der erste Gedanke, also Kapazität wieder aufzubauen und Fähigkeiten wieder aufzubauen.
Und das dritte ist dann, wenn man schon Beratungsunternehmen einsetzt, was ja an sich auch völlig legitime Momente hat, muss das Lernen aus diesen Projekten ein explizites Ziel dieser Projekte sein.
Das heißt, am Ende sollte im Grunde das Unternehmen das können, was vorher nur die Berater konnten.
Sollte das selber können, selber machen, vielleicht wenn es Kapazität auch ein bisschen erweitert oder so.
Und weg davon kommen, dass Projektziele immer am Geld gemessen werden.
Als Beispiel nannten sie da jetzt die BBC, die lange Zeit eben auch wohl unter Einfluss von Beratungsunternehmen, ganz stark rein auf Zuschauerzahlen und ökonomische Perspektiven in ihrer Programmgestaltung gesetzt hat, und davon natürlich weg muss, weil es eben auch andere relevante Zielzahlen, Zielmarker oder Zielideale, Zielideen gibt, was so eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eigentlich tun sollte, was die leisten sollte.
Und das muss halt auch in so Projekten dann stärker irgendwie in die Zielbetrachtung mit eingebunden werden, weg von einfachen ökologischen Maßnahmen, weil die halt zufälligerweise leicht zu messen sind.

[1:05:50] Ja, das ist was, da gibt es doch, glaube ich, auch schon länger eine Diskussion generell, wie man Wert überhaupt misst in einer Gesellschaft. Genau.
Das ist halt einfach das Einfachste, so eine ökonomische Zahl zu nehmen, weil man die, sagen wir mal jetzt, man kann auch bei denen anzweifeln, wie sinnvoll die sind, aber zumindest weiß man, wie man die bestimmt.
Ja, genau. Ich kann sie messen.
Wenn man dann so ein Mantra hat wie nur was ich messen kann, kann ich managen.
Ja, schon wird klar, warum das irgendwie eine blöde Idee ist.
Gut, und der vierte Punkt ist Transparenz erzwingen. Also gerade auf Seiten der Beratungsunternehmen.
Wen beraten die im Themenfeld und im relevanten Punkt eigentlich noch?
Wer sind denn noch so deren Kunden? Das ist natürlich genau das, sich mit der Beratungsunternehmung immer massiv stellen. Wir verraten ja nicht, wer unsere Kunden sind.
Höchstens mal in Form von Referenzprojekten oder öffentlichkeitswirksamen Marketingaktionen.
Da wird mal ein Kunde rausgezogen. Aber eigentlich sind die ja doch sehr verschlossen, was das angeht.
Und da müsste eigentlich eine ganz klare Transparenz her, zumindest sobald es um öffentliche Aufträge geht.
Sobald es um politisch relevante, gesellschaftlich relevante Aufträge geht, müsste da ganz klar sein, Wen beraten die denn in dem Feld noch und was sind da für Interessenkonflikte und können wir diesen Auftrag dann überhaupt dahin vergeben?

[1:07:15] Ja und das war’s mit, wie heißt das Buch auf Deutsch, die große Consulting Show von Mariana Mazzucato und Rosie H. Collington.

Mehr Literatur

[1:07:25] Ja, vielen Dank. Es finde ich immer wieder spannend, auch, ich meine, es ist ja eigentlich auch so ein bisschen Thema im Podcast, so ein bisschen anderer Blickwinkel auf das, wo man immer denkt, dass das ja einfach so sein muss.
Fand ich auch wieder spannend, also das Buch steht auch jetzt immer noch auf meiner Leseliste, um da noch mal ein bisschen mehr im Detail mich mit auseinanderzusetzen.
Ich hab natürlich auch nebenbei ein bisschen überlegt, was da an weiterführender Literatur mir noch eingefallen ist.
Ich hab jetzt am Anfang ja schon mal die, unsere eigenen Podcast-Folgen gehabt.

[1:08:12] Dann, gerade als es so ein bisschen um die Geschichte ging und auch ein bisschen darum, wie die Dinge so ein bisschen anders laufen, als man immer denkt, da musste ich wieder an Ho-Yun Chang denken.
Der hat also dieses Buch 23 Dinge, die sie dir nicht über den Kapitalismus erzählen, heißt es glaube ich auf Deutsch.
Und er hat auch noch ein zweites Buch geschrieben, das heißt, also ich hab’s auf Englisch gelesen, Capitalism, a user’s guide, was auch sehr stark aus der Warte eines Wirtschaftshistorikers geschrieben ist, das heißt, natürlich so die ersten, weiß ich nicht, 150 Seiten oder sowas, sind erstmal die moderne Wirtschaftsgeschichte.
Also anfangend irgendwann, ich glaub so 16. Jahrhundert oder so, ne, einfach die mal darstellen und verschiedene Blickwinkel auf die Wirtschaft, ne, also verschiedene auch Theorien vorstellen und solche Dinge, der da auch mit ziemlich vielen.

[1:09:17] Dieser Mythen, die irgendwie alle glauben, wie Wirtschaft funktioniert, dann auch grad mit der geschichtlichen Perspektive sehr schön ausräumt. Ja, schön.
Ähm, und dann ist mir auch noch eingefallen, weil ich das gerade lese, von Katharina Pistor, The Code of Capital.
Oh, ja, schön. Also auf Deutsch, der Code des Kapitals.
Genau, also da bin ich jetzt irgendwie noch relativ am Anfang, aber das beschreibt ja auch so ein bisschen, wie einfach durch diese Rechtsstrukturen, wo ja auch Berater mitgewirkt haben, die aufzustellen, unser ganzes Wirtschaftssystem und wie es faktisch funktioniert, ausformuliert ist.
Das wünsche ich mir bitte in dem Podcast.

[1:10:04] Boah, das ist jetzt aber Druck. Nein, ich wünsche es mir nur. Wir haben hier keine Verpflichtung zu irgendwas.
Okay, habe ich wahrgenommen. Also genau, das waren jetzt die drei Sachen, die mir direkt eingefallen sind.
Und mir ist noch eingefallen, das ist was sehr kurzes, ein Kommentar vom Deutschlandradio. Ah ja.
Zu dem Thema, ich müsste den raussuchen, hatte ich in einem Blog gefunden, wo es auch einfach darum geht, wie die ganzen, also allgemein das ganze Thema Privatisierung, wie das schiefgelaufen ist.
Aber da kommt eben auch dann sowas vor, wie, dann hat und wie eine Firma das übernommen und dann wird immer mehr Geld für die Berater ausgegeben, aber der Output ist halt immer weiter runtergegangen.
Und das ist relativ kurz, ne, also das Podcast-Folge ist irgendwie vier Minuten, gibt auch eine Text-Version, ich guck mal, ob ich den Link für die Text-Version finde, dann können wir den noch in die Shownotes machen, ne, das ist also kein langer Read, aber finde ich passt hier sehr gut zu.

[1:11:16] War es das an deinen Lesetipps? Ja, das waren jetzt so die Sachen, die mir in den Sinn gekommen sind.
Gut, ich habe erstmal noch drei ergänzende Zwischen-Zwei-Decken-Episoden, die mir noch so ein bisschen gekommen sind.
Das ist einmal, auch vielleicht noch ein bisschen naheliegend, Der Sieg des Kapitals von Ulrike Herrmann, Folge 2.
So ein bisschen auch nochmal als Grundlage Kapitalismusgeschichte im 20. Jahrhundert.
Aber was vielleicht so ein bisschen seitwärts kommt, Das ist einmal die Folge 46, Erzählende Affen von Samira El-Wassil und Friedemann Karich.
Wo es ja um die Rolle von Narrativen geht. Und gerade dieses Narrativ, der Staat ist nicht wertschöpfend, spielt ja jetzt hier in dem Prozess, den wir uns hier angeguckt haben, eine ganz, ganz zentrale Rolle.
Und dann noch die Folge 48, Die Alten Republik von Stefan Schulz.
Das hat, glaube ich, Christoph vorgestellt.
Einfach noch als ein Beispiel für eine nächste Transformation, die irgendwo ansteht.
Und auch wieder nochmal als Erläuterung, warum wir nur mit demografischem und jetzt dann auch Fachkräftemangel irgendwann, da auch nochmal wieder weiter massive Probleme kriegen werden, weil dieser Aufbau von Kapazität, der braucht dann auch Personal und das muss irgendwo herkommen.
Und gleichzeitig haben wir eben demografischer Wandel in weiteren großen Umbruch, wo ich vermute, die Beratungsunternehmen auch schon auf der Matte stehen mit ihren Konzepten, um dann Dinge zu verkaufen.

[1:12:36] Ich habe auch noch zwei Bücher. Das eine ist ein eher wissenschaftlicher Sammelband, deswegen für ein sehr spezifisches Publikum wahrscheinlich primär gedacht. Der Band heißt Soziologische Beratungsforschung, Perspektiven für Theorie und Praxis der Organisationsberatung.

[1:12:53] Der ist herausgegeben von Nina Degele, Tanja Münch, Herr Pongratz, wie er voll am Hals weiß ich gerade nicht und bei der Frau Saam weiß ich es auch nicht, aber von vier AutorInnen herausgegeben, vier WissenschaftlerInnen, die so verschiedene organisationstheoretische Ansätze mal nehmen und damit auf Organisationsberatung blicken. Also wer sich so ein bisschen akademisch wissenschaftlicher für das Thema interessiert, das kann man gut vertiefend, glaube ich, jetzt auch zu diesem Buch sich angucken. Und dann noch ein Buch, was auch Christoph, glaube ich, hier schon mehrfach vorgeschlagen hat, mittlerweile habe ich selber gelesen, zwei träge Transformationen von Sascha Frieseke und, Johanna Sprondel, das ist so ein kleiner Reklamband aus dieser Was-Bedeutet-das-Alles-Reihe, wo es auch gerade so um diese Frage, warum wandeln sich Dinge so langsam geht und wie so Innovationsprozesse laufen, das ist vielleicht auch noch ganz gut als Ergänzung.
Dann haben wir noch zwei, diesmal etwas längere Artikel, die ich euch mitgeben möchte.
Das ist einmal ein Artikel, ich glaube in Fast Company war das, nee, Current Affairs, McKinsey & Company, Capital The Willing Executioners, wo es also tatsächlich um die Rolle des Unternehmens McKinsey geht, dabei diesen neoliberalen Kapitalismus in die Welt zu tragen und zu etablieren.
Das ist von einem anonymen Autor und einer anonymen Autorin, die aber wohl tatsächlich bei McKinsey gearbeitet hat.

[1:14:13] Und dann haben wir noch einen spannenden Artikel von Dan Markowitz im Atlantic, How McKinsey Destroyed the Middle Class, wo sie im Grunde so ein bisschen das Thema aufmacht, was im Buch jetzt gar nicht auftaucht.
Interessanterweise, dass so Beratungsunternehmen so ein bisschen das typische Mittelmanagement und damit so die typische Mittelklasse massiv untergraben haben und massiv irgendwie verkleinert haben und damit auch dazu beigetragen haben, dass es mittlerweile halt primär Reiche und Arme gibt und immer weniger so klassische dessen, was man Mittelklasse nennen würde.
Die sind, glaube ich, sehr gut ergänzend zu dem Buch. Die habe ich auch schon vor Jahren mal gelesen, sind schon ein bisschen älter, aber haben, glaube ich, an Aktualität tatsächlich wenig verloren. Ja, das war’s an Lesetipps von meiner Seite.

Ausstieg

[1:14:59] Ja, sehr schön. Dann kommen wir auch schon zum Ende.

[1:15:06] Also haben wir jetzt zum einen, ne, kontaktiert uns gerne, also besucht unsere Homepage zwischenzweideckeln.de, wir sind, äh, ich glaube auf Mastodon sind wir at ccd.podcast.social, richtig? ZZD, aber ja, genau.
Ah, verdammt, versprochen. Wir sind ja nicht zwischen zwei Deckeln.
Ja, ja, ja, mein Fehler. Alles gut.
Und auf Twitter und, ich glaube, Instagram findet man uns jeweils als Addeckeln. Hinterlasst uns auch gerne eine Bewertung auf den Podcast-Plattformen, die ihr so benutzt.
Empfehlt uns weiter. Und genau, hört uns auch beim nächsten Mal bitte wieder gerne. Gibt es noch letzte Worte von von dir? Macht es gut und viel Spaß beim Lesen! Tschüss!

[1:16:01] Music.

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